Wenn es nicht läuft – Abbruch

Als Generalprobe für den Marathon stand heute der Halbmarathon in Fühlingen auf dem Plan. 21,1km bekannte Strecke mit idealer Vorbereitung. So kurz vor dem Marathon wollte ich noch mal sehen was geht, um mich in zwei Wochen danach richten zu können.

Die Voraussetzungen waren prächtig, gut ausgeruht und mit allen Ritualen, die zu einem Lauftag dazugehören, fuhr ich gestärkt zur Regattabahn. Die Laufvorbereitungen liefen auch gut und ein kurzer Einlaufen kurz vor dem Start sollte die Basis legen. Strenge Tempovorgaben hatte ich nicht, aber wie bei den letzten Halbmarathonläufen sollte es unter die 1:40h gehen. Immerhin habe ich dieses Jahr bereits alle vier Läufe unter die 1:40h gebracht, wobei eine 1:30h doch etwas utopisch klang. Aber ich habe die letzten Monate weiterhin hart trainiert, denn der Marathon steht ja vor der Tür. Vielleicht geht also was.

Mit drei anderen Startern aus dem Verein reihen wir uns im Startblock ein und müssen uns erst mal in den richtigen Zeitbereichen nach dem Lauf einordnen. Also querfeldein über die Rasenflächen seitlich neben der Strecke. Die Uhr zeigt eine Pace von 4:20min/km also alles bestens. Puls etwas hoch, aber auf den Geraden sollte genügend Zeit sein, sich hier auf ein Tempo einzuschießen.

Das Feld hatte sich sortiert und wir liefen an der Regattabahn hoch. Das Wetter war mit etwas Sonnenschein super, aber es gab eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit, die durch Regenschauer in der Nacht verursacht war. Ich pendelte mich vom Tempo ein und lief meinen bekannten 4:30min/km Schnitt. Puls war immer noch etwas hoch, aber ich kämpfte mich im Schneckentempo im Feld nach vorne. Da es keine Steigungen gab, waren Temposchwankungen eigentlich nicht vorhanden und die Bewegung innerhalb des Feldes war erwartet niedrig. Meine besten Zeiten laufe ich regelmäßig beim Aachener Halbmarathon, der alles andere als flach ist. Vielleicht brauche ich die Abwechslung und Tempowechsel, um Bestleistung zu bringen.

Zurück zum Lauf. Nach einer längeren Schleife hinter der Regattabahn geht es einen Teil der Regattabahn wieder rauf, um dann an der ersten Verpflegungsstelle zu sein. Wasser geschnappt und auf Eistee gehofft, aber gab es nicht. Also was im Lauf getrunken und wieder auf die 2km Regattabahn. Ich merke, wie die Personen vor mir etwas wegziehen, wobei das Tempo in der Zwischenzeit schon etwas gesunken war. Bei 4:30min/km war ich schon nicht mehr und musste jetzt etwas Federn lassen. Ein anderer Läufer direkt neben mir hält mein Tempo und ich versuche an die Gruppe vor uns ranzukommen. Diese läuft aber ihr Tempo konstant und der Blick auf die Pulsuhr sagt: 178 Schläge/min. Was am Anfang noch ok war, würde über die Dauer nicht gut gehen, also muss leider Tempo raus und der Läufer, der über einen Kilometer neben mir war, zieht vorbei. Ich versuche den Puls auf 170 Schläge zu bringen und werde direkt von einigen Läufern geschluckt. Meine Pace ist mittlerweile bei 5min/km und die Bestzeit bereits nach 6km Geschichte. Also hoffentlich wieder fangen und wenigstens Spaß am Lauf haben. Wo die Kilometer in Mülheim noch vorbei flogen, bin ich heute über jedes Schild am Wegesrand froh. Die Regattabahn wird unten umlaufen und vor mir hat es aus der Gruppe auch eine Läuferin erwischt, sie ist ähnlich wie ich eingebrochen, hält sich aber noch 300m vor mir, quasi genauso wie die letzten 3km. Ich fühle mich immer schlechter und kraftlos. Hinzu kommt eine Verletzung, die mich jetzt schon seit 2-3 Wochen verfolgt. Fühlt sich an wie eine Prellung auf dem Fuß, aber da war nichts. Ich hatte gehofft dies mit Ruhetagen zu kurieren, denn als Läufer gibt es über die Wettkampfzeit immer mal hier und da Wehwechen. Nichts schlimmes und meist nach einer Woche wieder weg, hält sich diese Verletzung aber hartnäckig und war auch mit der letzten sehr ruhigen Trainingswoche nicht auszukurieren. Kilometer 9, Zeitmessung und Wasser. Der Puls bei 180 und das Tempo bei einer 5m Erhöhung runter auf 5:30min/km. Also bei der Verpflegungsstelle zum Wasser greifen und ins Gehen verfallen, um eventuell Kraft zu schöpfen und wenigstens das ganze Wasser zu trinken. Am liebsten wäre ich zum Auto auf dem Parkplatz gegangen, denn mir fehlt irgendwas mit Zucker. Mit dem Gedanken im Kopf höre ich einen Vereinskameraden, der gerade an mir vorbei läuft. Also aufraffen und dranhängen. Mit einer Pace von 4:40min/km bleibe ich über ein paarhundert Meter dran, lasse dann aber reißen, da ich schon wieder kurz vor einem 180er Puls stehe. Nah also an 95% der maximalen Pulsfrequenz und absoluter Horror für einen Halbmarathon, den man bei 85% – 90% laufen sollte/kann. Bei meinen Bestzeiten konnte ich den Puls um die 170 Schläge über fast die ganze Strecke des Halbmarathon halten. Der Wurm war drin, das war klar. Und sehr gesund klang das auch nicht mehr. In der Ferne sehe ich den Vereinskameraden ziehen und nähere mich mit einem echt miesen Körpergefühl der Getränkestelle. Das Gehen war schon fest beschlossen. Was also war noch zu gewinnen? Durchkämpfen und dann? Ein kurzer Zeitüberschlag bringt mich auf eine Zeit von 1:50h – 2:00h, keine Zeit die irgendeine Relevanz hätte. Die Verletzung im Fuß macht sich auf dem Asphalt immer deutlicher bemerkbar und als ich sehe, dass am Ende der Regattabahn erst Kilometer 11 erreicht ist, steige ich aus. Der Fuß schmerzt auch etwas beim Gehen und besser würde er mit weiteren 10 Kilometern wohl kaum. Ich fühle mich so mies, dass ich ohne Energiezufuhr wohl kaum das Ziel gesehen hätte. Es ging um weniger als die goldene Ananas, denn die Zeit wäre übel gewesen. Die Entscheidung klingt logisch, aber tut weh. Mein erster Ausstieg nach mittlerweile 25 Wettkampfläufen. So also fühlt sich das an. Kein Hochgefühl über das Erreichen des Ziels, keine Endorphine, kein Hochreißen der Arme im Ziel. Zeitgleich stelle ich den Marathon in Frage. Bin ich fit genug? Wird die Verletzung weggehen? Schade nur, dass ich immer am weitest entfernten Punkt aufhöre. Das ist mir schon letzten Sonntag beim langen Lauf nach 15km von geplanten 35km passiert. Da war ich im Rheinauhafen und musste bis zum Hauptbahnhof gehen. Heute sind es 4km. Mit mittlerweile leerem Getränkebecher überholt mich die Spitze. Die vorbeiziehenden Läufer sehen immer weniger fit aus und nach 2km steige ich zumindest wieder ins Laufen ein, da mir das Gehen zu langweilig ist. Mein Puls hat sich selbst im langsamen Gehen nicht auf unter 119 Schläge gesenkt und schnellt direkt wieder auf 175 Schläge hoch, obwohl das Tempo nicht hoch ist. Also selbst nach einigen Minuten gehen, war keine Besserung da. Ich halte also gerade das Tempo von Läufern, die vermutlich mit einer 2h Zeit ins Ziel kommen werden. Der Fuß fühlt sich nicht besser an und an dem Entschluss am Ziel und somit Parkplatz auszusteigen wird nicht mehr gerüttelt. Einen Eistee geschnappt und damit ab zum Auto. Zumindest die Kamera holen und ein paar Fotos der Vereinsmitglieder machen. Selbst 5min nach dem Ausstieg merke ich noch, wie mies es mir geht.

Ursachenanalyse

Normalerweise liegt mir wärmeres Wetter, aber die Schwüle hat allen extrem zu schaffen gemacht. Selbst unser Ultraläufer meinte, dass er auf den letzten Kilometern absolut fertig gewesen wäre. Unterwegs fehlte dazu noch die Energie. Dabei habe ich extra Toast mit Honig gefrühstückt, mir vor der Anmeldung eine Banane auf der Zunge zergehen lassen und 15min vor dem Start einen halben Müsliriegel in den Mund geschoben. Das hatte bei allen Läufen ausgereicht, erst recht bis Kilometer 11. Bei allen langen Trainingsläufen bin ich nüchtern gestartet und hatte erst bei Kilometer 15-17 mit einem Müsliriegel Energie nachgeführt. Alles sehr rätselhaft und das Gefühl kannte ich nur vom ersten Köln Marathon, bei dem der Körper ähnlich übel reagiert hatte. Da aber war es soweit, als sich die Verbrennung auf Fett umstellte und das Wetter war dort kalt und regnerisch.

Die Verletzung war heute natürlich auch im Hinterkopf und wäre eine schöne Erklärung gewesen. Aber daran lag es nicht. Ohne hätte ich mich vielleicht ins Ziel gebissen, wie damals beim Marathon, aber bei einem Wald- und Wiesen-Halbmarathon war der Ausstieg logisch, wenn auch sehr bitter.

Der Marathon wird mir in den nächsten Tagen definitiv Kopfzerbrechen bereiten. Der Fuß wird wohl den Weg zu meinem Arzt finden, den ich zuletzt bei einer Verletzung wenige Wochen vor dem Bonn-Marathon besucht hatte. Dort hatte ich versucht die Schmerzgrenze zu überschreiten und ein Wehwechen zum echten Trainingsblocker herausgefordert.

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